Artikel

LP der Woche vom 20.05.2008 Jamie Lidell - "Jim"

Ein Blick auf die Karriere von Jamie Alexander Lidderdale zeigt, dass sich der 29-jährige ungern festlegt.

Seit seiner Schulzeit erweitert er sein musikalisches Spektrum stetig, zu den Instrumenten, die Lidell beherrscht zählen neben Schlagzeug und Percussions auch Posaune und Gitarre. Doch auch für Technojünger und Dancefloorstürmer produzierte der Engländer mit Künstlern wie Mocky und Gonzales erfolgreich Musik. Keine Schublade also in die er sich einordnen ließe.

artikel/jamie_lidell.jpg

Eine ganze Schrankwand ist auch sein aktuelles Album „Jim". Eine sehr stabile Schrankwand, an der jede Schraube am richtigen Platz sitzt und kein Scharnier quietscht. Durch die großen Flügeltüren dringen Pauken und Trompeten. Außerdem Backgroundsängerinnen, der auf wunderbare Weise präsent aber nie aufdringlich ist.
Der Möbeldesigner weiß zu beeindrucken: Jamie Lidell hat soviel Soul in der Stimme, dass es jeden und alles wegblasen könnte – die schwärzesten Wolken und seine Hörer sowieso. Um diese These zu belegen, liegt nichts näher als auf seinen Song „Hurricane“ hinzuweisen: Frauenstimmen, die heulen wie der Wind, ein Beat, der wie Regen gegen Fensterscheiben peitscht und ein Mann der mit (ausdrucks-)starker Stimme gegen all das ansingt. Schon ist der Hörer mittendrin, spätestens jetzt, denn „Jim“ braucht keine Zeit zum Warmlaufen. Gleich der erste Titel „Another Day“ ist ein Hit, Abteilung Sommerhit sozusagen – das Piano am offenen Fenster, samt Vogelgezwitscher und Ohrwurmgarantie. Und so wippt man als Hörer spätestens beim zweiten Song mit dem Fuß und fühlt sich animiert mitzuklatschen. Nach so viel Temperament kommen die ruhigen Stücke aus der Schublade Soul immer wieder gerade recht. Songs wie „All I Wanna Do“ nehmen an den richtigen Stellen das Gas weg und stellen Lidells einnehmende Stimme in den Vordergrund. Eine Ballade – „Rope Of Sand“ – steht auch am Ende des Albums und beweist mal wieder, dann man aufhören soll, wenn es am Schönsten ist.

Was mag den Hörer also nach Lidells aktuellem Album „Jim“ erwarten, das in sich doch sehr geschlossen klingt? Vielleicht ist ja auch noch nicht alles zum Thema 60er-Funk-Soul-Rock gesagt, denn anbauen kann man ja immer. Seinem letzten Album „Multiply“ aus dem Jahre 2005 lieferte Jamie Lidell ein Jahr später eine Platte mit Remixen und Live-Versionen nach. Einen Remix des Songs „Figured Me Out“ vom aktuellen Album kann man sich bereits hier legal (!) und kostenlos runterladen. Also: Minirock und Bluejeans aus dem Schrank, der Dancefloor ruft!

Text: Alexandra Petrusch

Jamie Lidell
Jamie Lidell @ MySpace
Warp Records

Plattenkollektiv
20.05.2008

Kommentare

  1. Sehr schöne Wahl...und wer den Herrn live erleben möchte, begebe sich am 14.8. nach Jena zur Kulturarena *freu*

    shepherd - 21.05.2008, 13:21