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LP der Woche vom 22.11.2010 "Zaz - Zaz"

Wie eine ‘Piaf des Blues’, aufgejazzt von Django Reinhardt, schwebt Zazs Stimme über den Gypsy-Jazz-Beats ihres Gitarristen Guillaume Juhel, in einem Genre, das von seinen Musikern uneingeschränkte Virtuosität verlangt...


Auch wenn Zaz erst vor ein paar Monaten (genauer gesagt im Mai 2010) mit ihrem selbst betitelten Album ihr Veröffentlichungs-Debüt in Frankreich feierte, so hat die Sängerin, die in den Achtzigern unter dem Namen Isabelle Geffroy in Tours das Licht der Welt erblickte, in den Jahren vor Abschluss ihres ersten Plattendeals bereits jede Menge Anekdoten-taugliches Material in ihre Vita geschaufelt. Nachdem sie im Alter von zwanzig Jahren während ihrer Studienzeit an der "CIAM (Musical Information and Activities Centre" in Bordeaux einer Bluesband beigetreten war und ihre ersten Auftritte über die Bühne gebracht hatte, fand sie sich kurze Zeit später auf Tour mit einem baskischen Tanzorchester wieder. Zwei Jahre später stieß sie auf ein Inserat mit dem Wortlaut "Don Diego braucht eine Sängerin". Flugs eilte sie der Latinrockband zu Hilfe und sah sich fortan tagtäglich afrikanischen, arabischen, andalusischen, brasilianischen und lateinamerikanischen Einflüssen ausgesetzt. "Es war alles, was man sich nur wünschen konnte, und das in Gesellschaft von absoluten Profi-Musikern", schwärmt sie. Höhepunkt der gemeinsamen Zeit: ein Auftritt beim traditionsreichen "Festival Musiques Métisses d'Angoulême".

Irgendwann folgte Zaz schließlich dem Lockruf der französischen Hauptstadt. Dort fiel ihr eine weitere Zeitungsanzeige in die Hände: "Sängerin mit kräftiger Stimme gesucht". Nix wie hin! Ratzfatz fand sie sich im Ensemble eines Kabaretts wieder, wo sie sieben Tage in der Woche, fünf Stunden am Tag, auf der Bühne stand.

Wenn das Geld am Ende des Monats knapp zu werden drohte, stellte sie sich zusammen mit zwei befreundeten Musikern im Künstlerviertel Montmartre an eine Straßenecke und beglückte die Passanten mit ihrer außergewöhnlichen Stimme. Mit dem Gitarristen und dem Kontrabassisten verband sie dabei nicht nur die Liebe zum guten Song, sondern auch ein Faible für das Prinzip der ungebremsten Genrevielfalt: die Einflüsse der gemeinsamen Musik reichten von Jazz bis Blues über französische Musik bis hin zu Stilen aus allen Herren Ländern, die Zaz mit großem Enthusiasmus und poetischer Begabung vereinte.

Wo und wie auch immer man ihr die Gelegenheit gab, präsentierte sie ihre Musik mit einer erfrischenden Lebensfreude, die keinen kalt ließ. War es nun vor 10.000 Zuschauern im Stadion von Hendaye (im äußersten Südwesten des Zentralstaates), als Interpretin eines Edit-Piaf-"Greatest Hits"-Sets im Herzen Sibiriens, bei Gratis-Konzerten in kolumbianischen Salzminen oder auf Tour durch Ägypten (wo sie leider keine Zeit für die Besichtigung der Sehenswürdigkeiten des Landes hatte). Bei all diesen Reisen sammelte die junge Französin rechts und links des Weges zahllose wichtige Erfahrungen.

2009 siegte sie völlig überraschend beim "France Bleu / Réservoir Generation"-Talentwettbewerb, der im Pariser Olympia ausgetragen wurde. Im Gegensatz zu allen anderen Teilnehmern war Zaz zwar ohne eigenen Fanclub angereist, begeisterte allerdings dennoch das Publikum und zog alle Anwesenden umgehend in ihren Bann. Besonders beeindruckt von ihrer Performance war Frankreichs Pop-Superstar Raphaël Haroche ("Er ist der einzige Mensch, der bei -10° C Videos auf Dächern dreht", schmunzelt Zaz), der sofort beschloss, drei Songs für sie zu schreiben.

Jene drei Stücke finden sich nun auf Zazs Debütalbum, das im Frühjahr 2010 in Quebec und Frankreich aufgenommen wurde. Seit den Tagen der Veröffentlichung im Mai und dem großen kommerziellen Erfolg (Platz eins in den französischen Albumcharts) zählt die Sängerin zu den meistbeschäftigten Menschen Frankreichs: neben unzähligen TV-Auftritten (u.a. "Chabada show" auf France 3) absolvierte sie u.a. Auftritte beim "Montauban Alors Chante"-Festival, beim "Kuala Lumpur French Art Festival" in Malaysia, beim "Francofolies" in La Rochelle und beim "Jazz Musette des Puces"-Festival, letzteres gemeinsam mit Thomas Dutronc, Marcel Azzola und Maurane.

Es ist Zazs große Stärke, dass sie sich nicht alleine auf ihre faszinierend außergewöhnliche Stimme verlässt - ganz im Gegenteil: darauf angesprochen, spielt sie diese Tatsache stets routiniert herunter. Ihr absolutes Hauptinteresse gilt der Qualität des Songs. Und wenn diese stimmt, dann singt sie ihn überall, wo auch immer sie die Chance erhält, sich frei auszudrücken. In Worten, die das tägliche Leben widerspiegeln, mit all seinen Sorgen und Freuden.




Zazs Musik ist eine Abenteuer, eine musikalische Entdeckungsreise.



Mescalito
22.11.2010

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