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TURINGIO INTERNACIA 72

Esperantomagazin: ulthuis: "La vila mano" (Auszug) | Besuch in Breitungen | Rainer Schubert (Wien): "Globus als Ganzer", Teil 2

72. Sendung TURINGIO INTERNACIA, vom 5. November 2017: Bulthuis: "La vila mano" (Auszug) | Besuch in Breitungen | Rainer Schubert (Wien): "Globus als Ganzer", Teil 2


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Die zottelige hand - romanfragment von hindrik jan bulthuis

Dirk befand sich am durchgang des hofes von peter, wo drei wägen mit drei pferden standen. Dirk hielt ein tier fest und wartete geduldig auf die rückkehr der bauern, die im trinkzimmer zusammensaßen, aufgeregt und laut sich unterhaltend. Über alles mögliche, wie es eben sitte war, aber vor allem über hafer, weizen, gerste, pferde (solche, die bereits verkauft waren und solche, die man noch zu verkaufen hatte), über kühe und ein wenig gar auch über politik. Von zeit zu zeit unterbrach lautes gelächter ihr gespräch, gellende rufe die bis zum hofdurchgang drangen. Und doch machte das alles keinen eindruck auf den knecht dirk, denn er hörte nicht zu. Er hörte nicht, das peter manchmal in die hände klatschte, während er sein gedicht vortrug. Dirk war wieder, wie gewöhnlich, in meditation versunken und stand mit gebogenem rücken da und spitzen lippen, als ob er gleich pfiffe. Doch das tat er nie. Diese kunst übte er nicht aus. Gar keine kunst praktizierte er - außer die, luftschlösser zu bauen. Er wußte nicht zu lesen, nicht zu schreiben. Er konnte nur arbeiten und auch an diesem tag hatte er wieder gearbeitet. Schon früh am morgen hatten er und alina die kühe gemolken und waren gemeinsam auf die weide gegangen. Aber sie sprach nicht mit ihm und nahm ihn gar nicht zu kenntnis, weder am hinweg noch am nachhauseweg. Einmal daheim, machte er sich an die fütterung der kaninchen, dann kamen die schweine und die pferde an die reihe. Um zehn mußte er aufs feld gehen, um einen kleinen sack erdäpfel auszugraben. Das machte er, indem er die hände tief in die erde stieß - und wieder ließ er seine gedanken weit schweifen, bis daß der sack gefüllt war. Dann fiel ihm ein, er müsse zum "grünen pferd" zurückgehen, um seine andere arbeit zu tun. Und wie immer ging er zum "grünen pferd" zurück, versank wieder in gedanken und kam anschließend zum pferdestall zurück. Die kartoffeln wusch er ab - und dachte, und dachte. "Wäre ich reich, wäre ich alings, dann hätte ich gern..." - und so weiter, bis eine neue arbeit auf ihn wartete. Dann reinigte er den pferdestall, fegte den staub vom durchgang weg und - schon wieder steht er am selben ort und baut neue luftschlösser darüber, daß er und der reiche grundbesitzer alings eine wichtige rolle spielten. Er grübelte: "Wäre ich alings oder sein sohn, dann wollte ich eine schöne garage haben mit schönen wägen. Jeden tag würde ich in die stadt fahren, durch die stadt, zurück zum dorf und selbst die zügel halten. Kämen mir menschen von meinem dorf entgegen, würde ich anhalten, sie mit mir ins dorf mitfahren lassen. Die würden freudig damit einverstanden sein und gemeinsam würden wir danach über alles sprechen, über das große bauernhaus, über meine pferde, kaninchen, über ..." Er versank immer mehr in seinen gedanken, bis daß das geräusch zweier halbhoher schuhe ihn weckten. Das schöne luftschloß verschwand und Peter baute sich vor ihm auf mit lachendem gesicht und sagte folgendes gedicht vor: "Im sarg da schlief ein scherzbold. Er ruhte da schön ausgestreckt und alle ärgerten sich: nun ist auch der scherzbold schon tot. Oh weh, oh weh, oh weh!" Peter klatschte in die hände und dann auf die schultern von dirk und sprach: "Geh doch in die trinkstube. Dein vater wartet auf dich." "Mein vater?" Dirk wiederholte diese worte, als ob er sie nicht verstanden hätte. "Ja, beeilung, er hat nur wenig zeit." Noch nie hatte jemand zu ihm über seinen vater gesprochen. Er wußte, daß andere knaben und junge männer väter hatten und daß nur er allein niemals einen vater hatte. Aber für ihn war das in ordnung, er hatte sich nie darüber gedanken gemacht. Er hatte ja seine kaninchen, also, wozu einen vater? Dirk ging nicht in die trinkstube sondern hielt das pferd fest. Dessen besitzer werde ja gleich kommen, vielleicht werde er auch eine silbermünze von ihm erhalten. "Dirk, bitte, nun geh doch schon!" "Wohin?" "Zu deinem vater." Peter schien überglücklich, eine solche freudige botschaft dem beschränkten dirk überbringen zu können. Das sah man an seinem gesicht, das nun eine silberne aureole umgab. Es leuchtete im schein der lampe, die ihre gelben streifen im hausdurchgang verteilte und einen schatten warf hinter pferde und kutschen, große schwarze schatten. Dann kletterte das licht wieder hinauf auf die mit kalk verputzte wand. "Beeil dich, dirk!" Das ließ dirk sich nicht zweimal sagen, warf noch einen blick auf das bald unbewachte pferd. Mit seinen hölzernen schuhen machte er ein geräusch, wußte nicht, was er denken sollte - und ging dann gehorsam mit peter in die trinkstube. Dort an der tür zur straße stand ein hochgewachsener mann, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Er war schön angezogen, wie es sich für echte herren geziemt, ganz in schwarz. Auch sein runder hut war schwarz. Sein rötlicher bart rund ums kinn war schön zurechtgemacht. Über ihm war ein links und rechts nach oben gezwirbelter schnurrbart. Der schön geformte mund blieb so sichtbar. "Darf ich vorstellen - dein vater", sagte Peter. Der fremde mann nahm die hand des großen jungen und war dabei, mit ihm hinauszugehen. Denn auf der straße standen sein wagen mit zwei pferden. "Kennst du mich denn gar nicht mehr?" fragte der unbekannte herr. Dirk sah ihn an und sagte dann: "Niemals habe ich Sie gesehen ... ich möchte zum eingang zurückgehen, um auf die pferde aufzupassen." "Du brauchst keine pferde mehr zu hüten", sagte alings, "blunt wird einen anderen knecht einstellen. Ich bin alings, dein vater, du wirst mit mir heimgehen, die kutsche wartet auf uns auf der straße." "Einen anderen knecht? Und was ist dann mit meinen münzen?". "Ich werde dir münzen geben. Erkennst du mich nicht wieder? Ich bin alings." "Alings ist doch ein ganz anderer mann." "Nein, alings, das bin ich." Und er wollte wieder den dummkopf mit sich ziehen, seinen sohn. "Warten Sie doch, ich kann doch nicht ohne geld fortgehen!" "Du bekommst soviel geld von mir, wie du brauchst." "Und mein kästchen...!" Peter blunt verstand, worauf sein bisheriger diener hinaus wollte. "Dirk verwahrt das verdiente geld in einem kästchen. Dieses kästchen möchte er holrn." "Dann geh halt zu deinem kästchen, Aber komm sofort zurück. In der zwischenzeit warte ich auf dich auf der straße. Die pferde kann ich nämlich dort nicht alleinlassen." Alings verließ das gasthaus und dirk ging langsam zum hofdurchgang. Das klappern seiner holzschuhe verlor sich im pferdestall. Nach einer minute war es wieder zu hören. Unter seinem arm hatte er das kästchen und ging dabei leicht gebeugt, als ob das kästchen 10 kilo wiegen würde. Er ging durch die kneipe - aber auf der türschwelle hielt er wieder an und rief: "Meine kaninchen!" "Ich kümmere mich um sie", sagte Peter, "komm nach zwei tagen zurück und nimm sie "zur großen garbe", dem bauernhof deines vaters mit." "Meines vaters?" "Ja, alings meinte doch, du seiest sein sohn." "Aber alings sah doch ganz anders aus!" "Ja, früher sah er anders aus. Doch nun hat ihn die hand des barbiers berührt." Fast hätte er gesagt, "die zottelige hand". Alings schob den knaben in die kutsche und setze sich neben ihn. Er ergriff die zügel und das gefährt rollte die straße entlang, auf der schotterstraße, bis zum tor des großen herrengutes. [eigene Übersetzung]








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Esperanto-Redaktion
06.11.2017

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