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Aufgetischt - Die Werbelügen der Nahrungsmittelindustrie

Ferdi Fuchs Mini Würstchen von Stockmeyer


Ferdi Fuchs Mini Würstchen von Stockmeyer

Wenn’s um Kinder geht, holen Marketing-Leute zum Doppelschlag aus: Comics zum Anfixen der Kleinen, Gesundheitsversprechen als Balsam für die Eltern. Stockmeyer macht das genau so und fabuliert von „Knochen stärken“ und „Zellwachstum“ bis hin zu „reibungslosem Stoffwechsel“. Der Haken: In 100g der Würstchen verstecken sich 24g Fett, davon 10g gesättigte Fette, sowie stolze 2g Salz. Die Lebensmittelampel stünde damit 3 Mal auf Rot, was bedeutet: nur in kleinen Mengen hin und wieder verzehren. Stockmeyer aber empfiehlt Ferdi als täglichen Snack.

Die tägliche Salzaufnahme von Kindern ist hoch. Zu hoch, findet auch das Bundesinstitut für Risikobewertung. Deswegen empfiehlt es die „Verringerung des Salzgehaltes in Lebensmitteln“. Bei Stockmeyer ist das scheinbar noch nicht angekommen: Ein Päckchen deckt knapp den minimalen täglichen Bedarf an Salz. Und dabei sind die Würstchen nur als Zwischenmahlzeit gedacht. Das Problem: Wer als Kind zu viel Salz zu sich nimmt, erhöht das Risiko, später an Bluthochdruck zu leiden. Die Würstchen sind also eher der tägliche Beitrag zu Bluthochdruck statt ein „täglicher Beitrag für die gesunde Ernährung“, wie behauptet.

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Kids essen kaum Gemüse, Eltern kennen das. Stockmeyer hat da eine Lösung: Vitaminwurst. Der „clevere Snack“ ersetzt das Grünzeug schein- und wunderbar. Der Haken daran: Kinder essen ohnehin schon zu viel Fleisch. Ein Drittel der Jungen zwischen 6 und 11 sogar mehr als doppelt so viel, wie das Forschungsinstitut für Kinderernährung Dortmund empfiehlt. Auch wenn das Stockmeyer wenig gefallen wird: Kinder brauchen keine neuen Anlässe, Fleisch zu essen – und demnach keine Vitaminwurst. Auch wenn’s Wurstfabrikanten weh tut: mehr Obst und Gemüse in die Frühstücksbox, da sind die Vitamine schon drin.

Stockmeyer bemüht sich, die Kids in ihrer kindlichen Gedankenwelt abzuholen: Von bunten Online-Spielen über Ausmalbilder bis hin zu eigens produzierten Comic-Filmchen ist auf der Ferdi Fuchs-Website alles zu finden, was das Herz begehrt. Dass es sich dabei um Werbung handelt, die wirtschaftliche Ziele verfolgt, können die Kids oft noch nicht erkennen. Praktisch für Stockmeyer – so kann man die Kleinen nämlich „spielend“ auf den Geschmack und die Wurst bringen. Wenn’s gut läuft, erhöht das den „Quengelfaktor“ beim nächsten Einkauf – und die Kleinen lassen keine Ruhe, bis das heiß geliebte Comicfüchschen im Korb landet.

Stockmeyer ist nicht der einzige Wurstfabrikant, der Wurst für Kinder vermarktet, die den Eindruck erwecken soll, speziell auf die Bedürfnisse der Kleinen zugeschnitten zu sein. Auch Hersteller wie Böklunder oder Reinert sind dabei. Eines haben alle gemeinsam: Bei der „Abstimmung“ auf die Bedürfnisse von Kindern scheinen sie den Salzgehalt erfolgreich zu ignorieren – der ist nämlich genau so hoch wie bei „normaler“ Wurst. Anstatt künstlich Vitamine zuzusetzen, sollten die Hersteller lieber mal über eine Salzreduktion nachdenken.

Ein kleines Siegel verrät: Die „Mini Würstchen“ haben 2010 den „Goldenen Preis“ gewonnen. Mal davon abgesehen, dass es bei Wurstwaren Hunderte von Siegeln gibt: Ferdi-Fuchsens-Goldmedaille kommt von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), die wiederum von der Agrar- und Ernährungswirtschaft finanziert wird. Die Wirtschaft verleiht sich diesen Preis quasi selbst. Auf Anfrage erklärt die DLG außerdem: Ernährungsphysiologische Bedürfnisse von Kindern werden bei der „Qualitätsbewertung“ gar nicht berücksichtigt. Fazit: Das Siegel führt bei einem Kinderprodukt völlig in die Irre und sagt ganz genau gar nichts aus.

Hersteller wie Stockmeyer rühmen ihre versalzenen Vitamin-Fleisch-Kreationen als die bessere „Alternative zu zuckerreichen Kindersnacks“. Getreu dem Motto: Andere sind noch schlimmer als wir. Naja. Milchschnitte und Co. sind nicht gesund, sondern reich an Fett und Zucker. Doch Kinderwürste wie Ferdi Fuchs sind stattdessen reich an Fett und Salz. Weder das eine, noch das andere leistet also einen besonders wertvollen Beitrag für die gesunde Ernährung.


Weitere Informationen gibt es wie immer unter abgespeist.de. Und auch die Firma Stockmeyer ist per E-Mail zu erreichen unter info@stockmeyer.de.

einmal pro Woche stellt Radio F.R.E.I. in Zusammenarbeit mit abgespeist.de ein anderes Produkt vor.
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weitere Informationen auch unter:
Foodwatch und abgespeist.de

hier gehts zu den bislang gesendeten Beiträgen:
Der Gourmet Genießerkuchen von Bahlsen (10.12.2010)
Die Landliebe Milchprodukte von Campina (17.12.2010)
Der Kinderriegel von Ferrero (14.01.2011)
Die Fitness Fruits von Nestlé (21.01.2011)
Die Langnese Michlzeit von Unilever (28.01.2011)
Rama Cremefine von Unilever (04.02.2011)
Fruit2Day von Schwartau (11.02.2011)
Active O2 von Adelholzener (18.02.2011)
Bertolli Pesto Verde von Unilever (25.02.2011)
Actimel von Danone (04.03.2011)
Yogurette von Ferrero (18.03.2011)
Mövenpick Gourmet-Frühstück Erdbeere von Schwartau (01.04.2011)
Corny Müsliriegel von Schwartau (08.04.2011)
Capri-Sonne von Wild/SiSi-Werken (15.04.2011)
Bertolli gegrilltes Gemüse von Unilever (06.05.2011)
Monte von Zott (13.05.2011)
Pur Crema Choc von Dr. Oetker (20.05.2011)
Schlemmertöpfchen Feine Gürkchen von Kühne (27.05.2011)
Der Gelbe Zitrone-Physalis von Pfanner (10.06.2011)
nimm2 von Storck (17.06.2011)
Activia von Danone (24.06.2011)


Texte: abgespeist.de
Bearbeitung und Produktion: Johannes Smettan
Sprecher_innen: Ulrike Irrgang, Steffen Hennersdorf
Musik: Silence - Cellule [CC-Lizenz], Graphs Grooves - Droppin Drips [CC-Lizenz]

Kaffeesatz-Redaktion
01.07.2011

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