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Tag der politischen Gefangenen

Andreas Baader, Mahatma Ghandi, Abdullah Öcalan und Mumia Abu-Jamal. Sie alle waren oder sind politische Gefangene.


artikel/free_gr.jpgPlakat des Free Mumia Bündnisses
Schon seit 1923 ruft die Rote Hilfe am 18. März zum Tag der politischen Gefangen auf. Doch was ist eigentlich ein politischer Gefangener? Wie unterscheidet er sich von normalen Gefangen? Und wer ist Mumia Abu-Jamal und warum wurde er zu einem der bekanntesten politischen Gefangenen unserer Zeit.

Das fragte Radio F.R.E.I. Marcus vom Free Mumia Bündnis Berlin.


politische Gefangene


Mumia Abu-Jamal

Zur Zeit gibt es anscheinend ein Problem mit dem 2. Teil des Interviews. Es steht jedoch auch bei freie-radios.net zur Verfügung.





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Das Berliner Free-Mumia-Bündnis hat eine Antwort auf den Kommentar von Manuel geschrieben, der an dieser Stelle veröffentlich wird, da unser System nicht mehr als 4.000 Zeich pro Kommentar erlaubt. Die Redaktion
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Lieber Manuel,

der von Dir angeführte SPIEGEL Artikel (vermutlich vom August 2009) ist leider überhaupt nicht "gut recherchiert", sondern im wesentlichen von Mike Smerconish, einem "neo-konservativen" Journalisten aus Philadelphia abgeschrieben worden. Smerconish selbst versucht seit ca. 25 Jahren, die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal herbei zu schreiben. SPIEGEL-Redakteurin Cordula Meyer hat zugegeben, dass ihr Artikel im wesentlichen nicht abgedruckt worden ist.

Zu deiner Frage nach Mumias Unschuld:

Zuerst einmal muss festgestellt werden, dass Mumia nie bewiesen wurde, dass er den Mord an dem Polizisten Daniel Faulkner überhaupt begangen hat. Die Liste der faktischen Ungereimtheiten ist so groß, dass ich hier nur einige nennen möchte:

Eine Hauptbelastungszeugin (Veronica Jones) zog vor Gericht 1996 ihre belastende Aussage zurück und gab an, von der Polizei mit einer Drohung zu dieser Aussage erpresst worden zu sein. Sie hätte selbst für 5-15 Jahre ins Gefängnis gehen müssen, was ihr aber mit diesem Deal geschenkt wurde. Sie sagte das selbe über ihre Kollegin Cynthia White, die jedoch nie selbst befragt wurde, da sie seit 1995 als "nicht auffindbar" gilt.

Eine Krankenhauswache, die im Prozess angab, in der Notaufnahme in jener Nacht ein Mordgeständnis gehört zu haben, zog ebenfalls vor wenigen Jahren ihre Aussage zurück und gab als Grund an, damals ihren Kollegen von der Polizei einen Gefallen getan zu haben. Der behandelnde Notarzt gab an, dass Mumia nach seinem Lungendurchschuss physisch überhaupt nicht in der Lage war, irgend etwas von sich zu geben. Außerdem habe er ihn vom ersten Augenblick in der Notaufnahme an gesehen, selbst operiert und ihn während der ganzen Zeit keinerlei Ton von sich geben gehört.

Es gab und gibt bis heute keinen forensischen Bericht über den angeblichen Schusswechsel. Es ist überhaupt nicht geklärt, ob aus der Waffe des damaligen Taxifahrers Mumia Abu-Jamal überhaupt ein Schuss abgegeben wurde. Zweifelsfrei ist nur geklärt, dass der Polizist Mumia in die Lunge schoss. (Hier ein sich aufdrängender Gedanke: Selbst wenn es zu einem Schusswechsel mit Mumias Beteiligung in jener Nacht gekommen sein sollte, wäre das allenfalls als Notwehr, nicht jedoch als "kaltblütiger Mord" zu werten.) Alle forensischen Untersuchungen waren bereits bei Prozessbeginn 1982 verschwunden. Die Umstände konnte die Polizei nie erklären.

Die Polizei hat in der Tatnacht nicht einmal eine Schmauchspurenuntersuchung an den Händen des vermeintlichen Täters durchgeführt, was eigentlich zur Routine gehört. Auch war keine Kripo am Tatort, sondern Mitglieder der politischen Abteilung der Polizei Philadelphias. Deren Leiter war bereits nach 10 Minuten vor Ort, obwohl er in dieser Nacht keinen Dienst hatte. Erst nach einer halben Stunde wurde der Tatort für Kriminalbeamte freigegeben, deren eigentlicher Job es ist, in Mordfällen zu ermitteln. Nachzulesen ist das übrigens in den Gerichtsunterlagen zu Mumias Fall und dem Polizeireport jener Nacht.

Tatortfotos des bereits nach wenigen Minuten anwesenden Fotografen Pedro P. Polakoff belegen eindeutig, dass die Polizei den Tatort umbaute: so ist z.B. zu sehen, dass das Auto eines späteren Belastungszeugen nicht wie im Verfahren angegeben hinter dem Tatort geparkt war (oder ohne Spurensicherung entfernt wurde); keine Spuren von Mumias angeblichen 2-3 Fehlschüssen im Zement des Bürgersteiges zu sehen sind, wie später behauptet; der Polizist mit der "Sicherung" der Tatwaffe im Prozess einen Meineid schwor (er trug sie mit bloßen Händen durch die Gegend) etc.


Die Liste der Ungereimtheiten ist noch wesentlich länger, aber schauen wir uns einmal die Verurteilung zum Tode genauer an:

Mumia wurde nachgesagt, als Jugendlicher in der Black Panther Party gesagt zu haben: "Politische Macht kommt aus den Gewehrläufen" - ein Zitat von Mao. Mumia hatte das in einem Interview mit der Tageszeitung Phiadlphia Inquirer 1970 dazu benutzt, die Ermordung des Black Panthers Fred Hampton durch die Polizei von Chicago (und - wie seit 1975 öffentlich eingeräumt - des FBI) zu kommentieren. Mumia beschrieb also, wie das politische Establishment in den USA seine politische Macht verteidigt und nicht, wie er selbst zur Gewaltanwendung mit Waffen steht. Mumia war nie in einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit der Polizei aktenkundig geworden, hatte viele sog. "Charakterzeugen" und galt nicht als gewalttätig (das ist bis heute im Todestrakt von Pennsylvania so).
In seinem Verfahren machte der Staatsanwalt McGill der Jury jedoch weiß, Mumia habe seit seiner frühesten Jugend das Töten von Polizisten als "revolutionäre" Tat propagiert. Die Jury glaubte das und sagte daher, dass es sich um einen "kaltblütigen Mord" handele, der die Todesstrafe verdiene. Mumias Verfahren ist bis heute das einzige in den USA, in dem ein noch lebender Gefangener wg. seiner politischen Anschauungen zum Tode verurteilt wurde (auch wenn die unterstellten Anschauungen eben gar nicht seine sind).

Auch in den USA gilt formal: ist eine Schuld nicht beweisbar, findet "In Dubio Pro Reo" Anwendung - im Zweifel für den Angeklagten. Die Jury war 1982 nicht von Mumias Schuld überzeugt. Der Staatsanwalt suggerierte ihr, im Zweifel erst einmal schuldig zu sprechen, was sie dann taten. Diesen komplett illegalen Ratschlag lies der Vorsitzende Richter Sabo (selbst Mitglied der rechten Polizeibruderschaft F.O.P.) durchgehen.


Zur konkreten Frage der Unschuld:

Am Tatort war neben den bekannten Mumia Abu-Jamal, seinem Bruder Billy Cook und dem Polizisten Daniel Faulkner ein vierter Mann - Kenneth Freeman. Die Polizei behauptet zwar öffentlich bis heute, dass das nicht stimmt, aber weiß es selbst besser. Kenneth Freeman wurde am Morgen nach der Tat festgenommen und in Gegenüberstellungen von drei unterschiedlichen Tatortzeugen als der Mörder des Polizisten identifiziert. Trotzdem ließ ihn die Polizei im Laufe des Vormittags gehen (auch das im Polizeibericht ersichtlich). Im Krankenhaus hatten sie zuvor den überregional bekannten Journalisten Mumia Abu-Jamal unter Mordanklage festgenommen. Kenneth Freeman wurde 1985 unter dubiosen Umständen umgebracht. Die Tatsache, dass er mit Handschellen gefesselt ermordet in einem Kofferraum gefunden wurde, die Polizei Philadelphias aber "Tod durch natürliche Umstände" attestierte, haben sie bis heute unter den Vorwurf der Beteiligung gehalten.

Lieber Manuel, es ist keine Verschwörungstheorie von Linken, die sich hier an einer Sache fest beißen. Eher eine Verschwörung von Behörden, die einen politischen Kritiker, der weltweit bekannt ist, umbringen wollen. Menschenrechtsorganisationen wie z.B. Amnesty International oder Reporter Ohne Grenzen fordern seit Jahren ein neues Verfahren. Ebenso der Deutsche Bundestag 1999, das französische, britische sowie das EU-Parlament im Jahr 2000. Auch innerhalb der USA trauen sich viele, sich öffentlich für Mumia einzusetzen, so z.B. der größte Afro-Amerikanische Bürgerrechtsverein, der N.A.A.C.P, dessen langjähriger Mitarbeiter Eric Holder heute Justizminister der USA ist.

Natürlich sind es Linke wie Mumia Abu-Jamal selbst, die diesen Fall mit großer Entschlossenheit an die Öffentlichkeit gebracht haben und weiterhin gegen das Vergessen versuchen, Mumia vor der Ermordung durch den Staat zu retten und nach über 28 Jahren Todestrakt endlich seine Freilassung zu erreichen.

Falls du weitere Fragen hast oder einen Austausch möchtest, schreib mir doch bitte eine E-mail: anton.mestin@web.de


Viele Grüße,

Anton


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Das Berliner Free-Mumia-Bündnis hat eine Antwort auf den Kommentar von Manuel geschrieben, der an dieser Stelle veröffentlich wird, da unser System nicht mehr als 4.000 Zeich pro Kommentar erlaubt. Die Redaktion
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Kaffeesatz-Redaktion
20.03.2010

Kommentare

  1. Es wird im Falle von Mumia Abu Jamal immer von Fakten die seine Unschuld belegen gesprochen. Welche Fakten sind dies denn? Meines Wissens überwiegen unwiderlegbare Fakten, die Ihn als Mörder des Polizisten überführt haben. Die sogenannte Linke verklärt dies gern. Es gibt einen schönen Spiegel Artikel darüber. Sachlich recherchiert und nachvollziehbar.
    Der schwarze Kolumnist Chuck Stone, Kommentator der "Philadelphia Daily News", schrieb nach dem Urteil, Abu-Jamal habe gegen drei Dinge ankämpfen müssen: "1. er ist schwarz, 2. die Justiz ist voreingenommen, 3. er hat keinen Millionär als Vater." Aber nicht deswegen sei er schuldig gesprochen worden, so Stone. "Was den talentierten ehemaligen Journalisten überführte, war eine Fülle unwiderlegbarer Fakten."

    Manuel - 19.03.2010, 21:11

  2. Lieber Manuel,

    der von Dir angeführte SPIEGEL Artikel (vermutlich vom August 2009) ist leider überhaupt nicht "gut recherchiert", sondern im wesentlichen von Mike Smerconish, einem "neo-konservativen" Journalisten aus Philadelphia abgeschrieben worden. Smerconish selbst versucht seit ca. 25 Jahren, die Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal herbei zu schreiben. SPIEGEL-Redakteurin Cordula Meyer hat zugegeben, dass ihr Artikel im wesentlichen nicht abgedruckt worden ist.

    Zu deiner Frage nach Mumias Unschuld:

    Zuerst einmal muss festgestellt werden, dass Mumia nie bewiesen wurde, dass er den Mord an dem Polizisten Daniel Faulkner überhaupt begangen hat. Die Liste der faktischen Ungereimtheiten ist so groß, dass ich hier nur einige nennen möchte:

    [...]hier müssen wir unterbrechen, denn unser System lässt nur 4000 Zeich zu. Die restliche Antwort wird in den Artikel aufgenommen[...]

    Falls du weitere Fragen hast oder einen Austausch möchtest, schreib mir doch bitte eine E-mail: anton.mestin@web.de


    Viele Grüße,

    Anton

    Anton - 21.03.2010, 23:04