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"Aus neutraler Sicht" von Albert Jörimann - Stand der Kriegstechnik
Eine kleine Ergänzung zum Stand der aktuellen Kriegstechnik lese ich in einem Beitrag von Mister Thomas Wright in der Sonntagsausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vom 13. Juli 2025. Mister Wright war in der Regierung Biden laut Autorenangaben tätig als leitender Direktor im Rat für nationale Sicherheit, und den vorliegenden Text hat er für den Economist geschrieben.
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Zunächst einmal Entwarnung: Alles ist gut, das heißt, bei uns herrscht großflächig Frieden, was hier dargestellt wird, ist zu schönen Teilen eine Plauderei aus dem Nähtäschchen der weltweiten Geheimdienste. Manchmal lese ich so etwas trotzdem gerne, weil die Kriegstechnik-Diskussionen während langer Zeit komplett eingefroren schienen, sagen wir mal wie der defekte Atomreaktor von Tschernobyl unter einem Betonsarkophag. Es galt, dass der globae Krieg grundsätzlich unmöglich geworden sei wegen der gegenseitigen Bedrohung der Supermächte mit Atomwaffen: Wer den anderen zerstört, wird selber zerstört. Im kleineren Rahmen, sozusagen im subatomaren Bereich waren Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen selbstverständlich immer möglich und eine Realität, aber dieser Realität schenkte ich nicht besonders viel Aufmerksamkeit, weil sie in der Regel weit entfernt von unserem Kontinent ausgetragen wurden; Ausnahmen wie der Jugoslawienkrieg vor der Jahrtausendwende bestätigten die Regel. Diese Ausnahme interessierte mich eher aus einem anderen Grund, nämlich wie es möglich war, dass sich das friedliche Zusammenleben, man kann nicht einmal sagen von unterschiedlichen Völkern oder Sprachgruppen, wenn man einmal vom Kosovo absieht, und noch nicht einmal von unterschiedlichen Religionen, wenn man vom aufgesetzten Konflikt zwischen bosnischen Moslem und serbischen Christen absieht, aber die Schlächterei ging ganz gut und selbstverständlich auch zwischen künftigen Kroaten und künftigen Serben, man konnte den Nachbarinnen Ohren, Nasen und Penis abschneiden ganz ohne religiöse oder ethnische Motivation, das waren also ganz normale Jugoslawinnen und Jugoslawen; wie konnte sich in dieser Region innerhalb von wenigen Jahren ein zehn Jahre dauerndes gegenseitiges Abschlachten entwickeln? Das übrigens in den Köpfen noch heute angelegt ist, wenn man sich Typen wie den Präsidenten der serbischen Teilrepublik von Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodic, anschaut, der die Abschlachtung von achttausend Menschen in Srebrenica nur aus dem Grund leugnet, weil er nicht offen sagen kann, dass dass er das im Grunde seines Herzens gut findet – das wäre dann sogar für den dicklippigen serbischen Präsidenten Vucic zuviel des Guten. Dodics offensichtliches Ziel ist es, mit Srebrenica und mit dem Krieg weiterzumachen und alle moslemischen Einwohnerinnen von Bosnien und Herzegowina eigenhändig umzubringen. Was vor vierzig Jahren unerklärlich erschien, bleibt auch heute unerklärlich.
Aber eben, das war ein konventioneller Krieg, ein Einbruch der Barbarei in eine recht homogene und zivilisierte Gesellschaft, der all jene Pfeifenraucherinnen und Stirnrunzlerinnen bestätigt, welche jeweils davon plaudern, dass die Zivilisation eben nur eine dünne Schicht ist, durch die jederzeit atavistische Lava ausbrechen kann. Solange dies auf konventioneller Ebene vonstatten geht, hält sich der Schaden jedenfalls in Grenzen. Was aber, wenn sich die zivilisationssprengenden Kräfte plötzlich im Besitz von Atomwaffen befinden? – Nun, davon war eben während Jahrzehnten gar nie die Rede und insbesondere nach der Abschaffung des Ostblocks nicht; auch beim Einmarsch in die Ukraine verzichteten die russischen Streitkräfte auf die Anwendung von Atom, unter anderem, weil man nach dem Einsatz von Nuklearbomben das Land selber nicht mehr benutzen kann, aber eben auch wegen der nuklearen Abschreckung, die offenbar weiterhin intakt ist.
Der Ukrainekrieg und gleichzeitig die militärischen Aktionen der Israeli gegen das schiitische militärische Lager im Nahen Osten haben gezeigt, dass sich die sogenannt konventionelle Kriegstechnik sehr stark gemausert hat, und dazu äußert sich nun eben Mister Wright. Eine zentrale Aussage besteht darin, dass die Anwendung der neuen Technologien, die in erster Linie aus einer Mischung von Informationen aus der Kommunikationswelt mit technischem Spielzeug wie Drohnen und, im Fall der Hisb’Allah-Führung, zum Beispiel Pagern besteht, im Moment nur von großen Staaten bewerkstelligt werden kann. Keine private Gruppe verfügt über die Mittel, so umfangreiche Spionage- und Abhöraktionen durchzuführen und zu koordinieren und sie in militärische Schläge umzusetzen. Über die Rolle der global allergrößten Informationsbeschafferinnen, nämlich der Internetkonzerne wie Google, Apple, Amazon und die Social-Media-Gruppen äußert sich Mister Wright nicht, was uns daran erinnert, dass diese Gruppe von Technologieunternehmen in der Vergangenheit immer die demokratischen Regierungen unterstützt hat und somit indirekt eben auch Herrn Wright. Dabei ist offensichtlich, dass der Staat, im vorliegenden Fall der US-amerikanische Staat nichts unversucht lässt, lassen wird und gelassen hat, um an diese Datenmengen heranzukommen; und es ist zwar nicht offensichtlich, aber überaus logisch, dass sich dieser Staat nicht von den Technologiekonzernen aushalten lässt, damit er keine Gesetze erlässt, welche sie etwa einschränken könnten, ohne dass er von ihnen seinerseits ein paar kleine Leistungen erwarten darf. Mit anderen Worten: Wenn die Israeli ihre Schläge, Anschläge und sonstigen Kommandoaktionen mit der aktuellen Präzision durchführen, so beruht diese Präzision zweifellos unter anderem auf Daten, welche von US-amerikanischen Konzernen gesammelt wurden. Dazu kommen die Informationen aus dem Satellitenbereich, welche ihrerseits vom Militär kkontrolliert werden oder, falls es sich um zivile Betreiberinnen handelt, vom Militär mindestens überwacht und nötigenfalls abgesaugt werden. Gar keine Frage; und hier ist wieder einmal der Hinweis am Platz, dass zwischen das israelische Militär und die US-Army kein Blatt passt. Wer militärisch von Israel spricht, spricht von den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Israeli sind selbständig in erster Linie im Bereich der Koordination, des Vorgehens im Felde und in der strategischen Planung; hier mischen sich die Vereinigten Staaten nicht ein, weil sie das nur so weit interessiert, als es regionalpolitische Auswirkungen haben könnte, zum Beispiel auf den Journalistenmörder Bin Salman. Das geht natürlich nicht. Aber sonst –
Auch die Ukraine hat sicher auf eigene Faust das weiter entwickelt, was sie von den Vereinigten Staaten über die Nato zur Verfügung gestellt erhalten hat; daneben verfügt auch sie über den Zugang zur Welt der Informationen, ohne den ein richtiger konventioneller Krieg heute nicht mehr zu führen ist. Ob er auch ausreicht, um den Krieg zu gewinnen, muss bezweifelt werden, aber immerhin hat sich die Nato im Kleid der ukrainischen Streitkräfte bisher ganz ansehnlich gehalten. Wenn ich das sage, muss ich gleich korrigieren: Die Nato ist offiziell nicht Kriegspartei, und da liegt ein großer Unterschied zu all jenen Szenarien, welche vor allem die Polinnen aus lautem Hals immer wieder herbeischreien möchten, nämlich ein direkter Angriff auf die Nato; da würde tatsächlich die Hölle ausbrechen für die Russen, hoffen mindestens die Polinnen, aber davon gehen selbstverständlich auch die russischen Kräfte aus, weshalb sie sich hüten werden, die entsprechenden Vorstöße zu unternehmen. Die Angst vor solchen herbeigeredeten und -geschriebenen Bedrohungen führt auf jeden Fall zu einem gewaltigen Aufrüstungsschritt, was ich, wie ich an dieser Stelle auch schon gesagt habe, zum Teil auch verstehe, nicht wegen der russischen Bedrohung, sondern wegen der Entwicklungen in der Kriegstechnologie, welche auch die militärische Wahrung des Friedens vor neue Herausforderungen stellt. Nur die russische Bedrohung sollte man lieber nicht zur Begründung herbeiziehen; vielmehr illustriert der Ukraine-Krieg in der notwendigen und traurigen Deutlichkeit, was für Folgen es hat, wenn man einen ganzen Staat aus dem Einflussbereich des einen Blocks herauslösen will, ohne dass dieser Block sein Einverständnis dazu gibt. Mit anderen Worten: Dass dieser Krieg stattfindet, ist nicht eine Folge der russischen Bedrohung, sondern eine Folge des Einmarsches der EU unter Kommandant und Brühwurst Barroso in die Ukraine. Dass im Zusammenhang mit diesem Einmarsch auch die Nato mit Kriegstechnologie einen Vorstoß nach Kiew unternahm, ist selbstverständlich und unterdessen auch allgemein bekannt. Und damit ich auch hier noch vollständig bleibe: All das hat nichts damit zu tun, dass ich den anderen Journalistinnenmörder, Gospodin Putin, für sympathisch halte oder was auch immer oder dass Russland etwa ein Land auf dem Weg hin zu einer freien und demokratischen Gesellschaft wäre. Ich denke einfach, man hätte die Ukraine-Frage auch anders angehen können, als dies die EU unter der Brühwurst Barroso und gemäß den Wünschen der Polinnen getan hat. Der Hass der Polinnen auf Russland reicht natürlich länger zurück als zum Beispiel der Irrsinn des bosnischen Serben Dodic; für die Europäische Union ist aber auch im Nachhinein nicht ersichtlich, weshalb sie diesem polnischen Drängen nachgab. Aber Schwamm drüber.
Mister Wright spricht von unabhängigen Gruppen, die von den Staaten unterstützt und je nachdem auch eingesetzt werden können, sagen wir mal im ähnlichen Stil, wie die Iranerinnen bis vor Kurzem die Hisb’Allah und die Hamas unterstützten, die dank dieser Unterstützung ihren Krieg gegen israel führen konnten. Mister Wright erwähnt als weiteres Beispiel eine von China unterstützte Gruppe namens Volt Typhoon, welche angeblich Pläne ausgearbeitet hat, um in einem Kriegsfall wichtige Infrastrukturen in den USA anzugreifen; dabei könnte es sich um die Unterbrechung von Gaspipelines, die Verschmutzung von Wasserreservoirs, die Unterbrechung der Telekommunikation und die Lahmlegung der Transportsysteme handeln. Solche Gruppen gibt es mit Sicherheit in jedem Land; sichtbar geworden, wenn auch auf unsichtbare Art und Weise, sind sie in Teheran, wo Israel vermutlich jede zweite Einwohnerin für sich rekrutiert hat. So etwas existiert natürlich auch in anderen Ländern, wenn es auch nicht überall israelische Dimensionen annimmt. Je nach Ausrüstung könnten solche Gruppen dann koordinierte Drohnenangriffe auf verschiedene Städte auslösen oder auch Chemiewaffen einsetzen. Weiter erwähnt Mister Wright ein neues «Gerät», welches Russland im Moment entwickle zwecks Zündung einer Atomwaffe im Weltraum, was die Satellitenkommunikation abstürzen lassen täte. Ein solches Gerät würde auch Dinge wie den Golden Dome der Lastwagenhupe sofort lahmlegen.
Mister Wright spricht selbstverständlich immer von den Feinden Amerikas. Der Artikel beginnt mit den Worten: «Letzten Herbst habe ich aufgehört, mein Mobiltelefon für normale Anrufe und Textnachrichten zu benutzen, und habe zu Signal gewechselt. Ich war nicht etwa paranoid – oder zumindest glaube ich das. Ich arbeitete beim Rat für nationale Sicherheit der USA, und wir erfuhren, dass China alle großen amerikanischen Telekomfirmen infiltriert hatte und tief in ihre Netzwerke eingedrungen war.» Ebenso selbstverständlich kann man seine Aussagen als Aussagen über die Vereinigten Staaten lesen. Offenbar steht der Nachrichtendienst Signal im Dienste der Amerikaner, sonst würde ihn nicht der vollkommen unabhängige Chef der amerikanischen Sicherheitsbehörde als unabhängig einstufen. Es steht felsenfest, dass nicht in erster Linie die Geheimdienste Chinas, sondern dass die Geheimdienste der USA und vermutlich auch der Chinesinnen und vielleicht auch der BND und wie sie alle noch heißen alle großen internationalen Telekomfirmen infiltriert haben, soweit dies überhaupt notwendig war, das heißt, soweit sie ihre Daten nicht ohnehin schon von Google und Amazon und Apple erhalten. Das ist die Realität, die Welt, in der wir leben, und im Bewusstsein dieser Tatsache gilt erst recht: Alles ist gut, bei uns herrscht großflächig Frieden, es ist nicht absehbar, dass sich daran etwas ändern sollte, vielleicht mit ein paar Ausnahmen wie dem Milorad Dodic, aber wenn der zu aktiv wird, erhält er vielleicht Post vom israelischen Geheimdienst, dann hätte der endlich auch mal was Vernünftiges getan, wobei die Eliminierung der feindlichen Heeresspitze ja auch nicht per so unvernünftig war. Und selbstverständlich gibt es die großflächige Bedrohung durch den mächtigsten Feind der Menschheit, nämlich die Dummheit, und hier darf ich für einmal etwas kryptisch aufhören: Es ist sicher kein Zufall, dass die Diskussion über künstliche Intelligenz ausgerechnet in jenem Zeitpunkt ihren Höhepunkt erreicht, in dem in den Vereinigten Staaten eine Lastwagenhupe zum Präsidenten gewählt wird.
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Albert Jörimann
15.07.